Nach fast einem Jahr fand ich es heraus. Zufällig habe ich vor einigen Stunden nach Namen von Freunden – teilweise noch aus der Kindergartenzeit – gesucht.
Dabei fand ich eine online Traueranzeige, die von seinen Eltern ins Internet gestellt worden war. Namen oder gar Orte werde ich schon allein aus Respekt hier nicht nennen. Auf der Internetseite, der Schule die er besuchte fand ich einen kurzen Beitrag, der offenbar vom Schulpfarrer verfasst worden war.
Mir ist auch jetzt nicht klar, was genau passiert ist und was ihn zu diesem Schritt bewegt hat, aber eins ist sicher: Es handelte sich um Suizid, Selbstmord – ausgelöst durch völlig krankhaften und scheinbar amüsanten Druck aus der Gesellschaft namens Mobbing.
Der Beitrag ist sachlich gehalten, es geht um Statistiken, um die Gefühle der Mitschüler. Von heimlichen Selbstvorwürfen ist die Rede.
Zu Beginn konnte ich es nicht glauben, doch die Beileidsbekundungen unter der Traueranzeige bestätigen es – die Namen der Trauernden passen.
Ich frage mich, was einen Menschen dazu bewegt so zu reagieren. Ich weiß nicht, wie es passiert ist und wahrscheinlich will ich es gar nicht wissen. Allein der Gedanke an die verschiedenen Möglichkeiten reicht mir aus, um zu verstehen, dass dies völlig Nebensächlich ist. Auch diese Vorstellungen kann sich jeder selber machen – reißerische Theorien gehören hier ebenso wenig hin. Eines weiß ich jedoch sicher: Es musste niemand anderes mit seinem Leben dafür bezahlen und damit hat er selbst in dieser Situation noch Stärke gezeigt, die zwar nicht ihm und seiner Familie, aber vielleicht vielen Anderen unbewusst Trauer erspart hat.
Zugegeben, ich habe ihn seit dem Kindergarten nicht mehr gesehen, aber die damalige Zeit war ganz anders und wenn ich auf meine Erlebnisse aus dieser Zeit zurückblicke, so überkommt mich auch nach all den Jahren immer noch tiefe Trauer.
Aber was soll das? Immer auf die Schwächsten, die einfach anders oder an ganz bestimmten Stellen angreifbar sind? Ist das unsere heutige Gesellschaft, in der unser Spaß im Mittelpunkt steht, koste es, was es wolle? Ich selber habe das von beiden Seiten erlebt. Seit heute stehe ich aber demjenigen, der nur Spaß daran hat, seine Halbstärke zu demonstrieren deutlich kritischer gegenüber. Nein, ich verachte ihn sogar. Ich hoffe auch DICH hat das zum Nachdenken angeregt. Sind Suizidgedanken einmal im Kopf, so lassen sie sich nur schwer wieder entfernen – also stell DICH hinter deine Mitmenschen und lass es gar nicht erst so weit kommen. Es ist feige den Mord nicht mit eigenen Händen, sondern mit den Händen des Opfers durchzuführen.
Und noch etwas: Vermutlich wirst du jetzt nach Ausreden suchen, warum genau dass, was auch DU bereits getan hast, kein Mobbing war. Hör auf damit, diese Ausrede gibt es nicht und bessere DICH.